Mil­ten­ber­ge­rin aus Über­zeu­gung:
Seit 2011 bin ich in Mil­ten­berg zu Hau­se. Hier­her gebracht haben mich mein Beruf als Redak­teu­rin und eine erfolg­rei­che Bewer­bung. Von der ers­ten Minu­te an füh­le ich mich ange­kom­men. Ich lie­be den Main vor mei­ner Nase, den Oden­wald in mei­nem Rücken, die hüb­sche Alt­stadt und mei­ne ruhi­ge Sack­gas­se mit­samt der net­ten Nach­barn.

Auf­ge­wach­sen in Ost­west­fa­len:
Groß gewor­den bin ich in Bad Sal­zu­flen bei Bie­le­feld (ja, das gibt es wirk­lich!), einer ruhi­gen Kur­stadt, die ich trotz ihrer mehr als 50.000 Ein­woh­ner als Jugend­li­che immer für klein gehal­ten habe. Dabei gab es neben Fuß­gän­ger­zo­ne, Kur­park mit Gra­dier­wer­ken und einer Dis­ko­thek, die sogar im 100 Kilo­me­ter ent­fern­ten Han­no­ver bekannt war, gleich zwei Schul­zen­tren. In einem der bei­den habe ich am heu­ti­gen Rudolph-Bran­des-Gym­na­si­um 1992 mein Abitur gemacht.

Zu mei­ner eige­nen Über­ra­schung fand ich mich kurz danach mit gera­de mal 19 Jah­ren in der ers­ten Tages­zei­tungs-Redak­ti­on wie­der: Beim West­fa­len-Blatt in Bie­le­feld absol­vier­te ich als jüngs­te von damals zehn Berufs­ein­stei­gern ein zwei­jäh­ri­ges Volon­ta­ri­at und arbei­te­te anschlie­ßend ein Jahr lang als Redak­teu­rin in Lüb­be­cke (Hand­ball­fans durch den TuS Net­tel­stedt ein Begriff), hin­term Wie­hen­ge­bir­ge, vor dem Moor.

Stu­di­um im Rhein­land:
Schon vor dem Abi war ich mir sicher, dass ich eigent­lich stu­die­ren will. Also habe ich nach gut einem Jahr als Redak­teu­rin auf das tol­le Gehalt und die siche­re Stel­le gepfif­fen, gekün­digt und mich an der Köl­ner Uni ein­ge­schrie­ben: Poli­tik, Eng­lisch und – das ver­schwei­ge ich gern, weil ich mir ein­fach kei­ne Daten mer­ken kann – Neue­re Geschich­te. Ich woll­te damit Wis­sens­lü­cken fül­len.

Das hat zum Teil recht gut geklappt. Nach dem Grund­stu­di­um fand ich mich schnell als stu­den­ti­sche Hilfs­kraft am Lehr­stuhl für ver­glei­chen­de Poli­tik­wis­sen­schaft wie­der. Par­al­lel dazu arbei­te­te ich als Jour­na­lis­tin für die Rhei­ni­sche Post in Düs­sel­dorf, als Dozen­tin für Eng­lisch an einer frei­en Sprach­schu­le, in einer PR-Agen­tur, in der Markt­for­schung und immer wie­der in der Gas­tro­no­mie, vor allem im Cate­ring. Da mein Vater schwer krebs­krank war und wäh­rend mei­nes Stu­di­ums gestor­ben ist, muss­te ich – trotz Unter­stüt­zung mei­ner Fami­lie – immer sehen, wie ich zurecht­kom­me.
Die­se Zeit hat mich geprägt, weil ich seit­dem nie den Blick dafür ver­lie­re, wie es ande­ren Men­schen geht und wie es ist, sich mit wenig Geld durch­zu­schla­gen.
Trotz­dem ist mein Abschluss ganz pas­sa­bel gewor­den. Ich kann sehr viel dar­über sagen, wie demo­kra­tisch ein Sys­tem ist, also auch eine Stadt, wie viel die Men­schen mit­be­stim­men dür­fen, wel­che Rol­le die Euro­päi­sche Uni­on dabei spielt. Ich kann Vor­trä­ge über eng­li­sche Dra­men, Rei­se- und Schau­er­ro­ma­ne hal­ten, und ich kann mir noch immer kei­ne Jah­res­zah­len mer­ken. Aber ich weiß. wo ich nach­le­sen muss, und war­um die EU so ist, wie sie ist. Damit kom­me ich im rea­len Leben pri­ma klar.

Redak­teu­rin im Lahn‑, Rhein- und Main­tal:
Die Flüs­se haben es mir irgend­wie ange­tan. Die ers­te Fest­an­stel­lung nach dem Stu­di­um brach­te mich 2005 nach Bad Ems zur Rhein-Lahn-Zei­tung, einer Lokal­aus­ga­be der Rhein-Zei­tung. Ähn­lich wie Mil­ten­berg ist die Stadt geprägt von ihrer Lage am Fluss zwi­schen zwei Mit­tel­ge­bir­gen (Wes­ter­wald und Tau­nus). Auch von der Grö­ße und der attrak­ti­ven Kulis­se her sind bei­de Kreis­städ­te ver­gleich­bar. Struk­tu­rell hat sie aller­dings mit deut­lich grö­ße­ren Pro­ble­men zu kämp­fen.
Nach zwei Jah­ren wech­sel­te ich in die Lokal­re­dak­ti­on Neu­wied (ja, ich mag Ver­än­de­run­gen). Von dort aus betreu­te ich drei­ein­halb Jah­re lang unter ande­rem die Städ­te Linz am Rhein und Unkel. Unkel, der letz­te Wohn­ort von Wil­ly Brandt, ist bis heu­te SPD-geprägt; Linz eher von der CDU. Inter­es­san­ter­wei­se hat mir die Unke­ler SPD manch­mal vor­ge­wor­fen, zu CDU-nah zu berich­ten, wäh­rend die Lin­zer CDU mich mit­un­ter zu SPD-nah fand. Die Wahr­heit liegt wohl in der Mit­te – und in der Tat­sa­che, dass ich den Posi­tio­nen der Schwä­che­ren immer ger­ne Raum gege­ben habe.
Linz ist als klei­ne, bun­te Fach­werk­stadt im roman­ti­schen Mit­tel­rhein­tal und am Pre­mi­um-Wan­der­weg Rhein­steig übri­gens ein ähn­li­cher Tou­ris­ten­ma­gnet wie Mil­ten­berg, wovon der Ein­zel­han­del jedoch nach mei­ner Ein­schät­zung weni­ger pro­fi­tiert als hier. Trotz­dem leis­tet sich die Stadt mit knapp 6000 Ein­woh­nern eine eige­ne Tou­rist-Infor­ma­ti­on, die auch die Pres­se­ar­beit über­nimmt und Events in der Stadt posi­tiv ver­mark­tet. In der Außen­dar­stel­lung kön­nen wir uns von den Rhein­län­dern durch­aus noch eini­ges abschau­en.
2011 bewarb ich mich auf eine Anzei­ge beim Main-Echo – und seit­dem bin ich hier.

Fri­scher Blick von außen:
Bis ich 2018 den Ent­schluss fass­te, als Bür­ger­meis­te­rin zu kan­di­die­ren und des­we­gen ver­lags­in­tern die Redak­ti­on wech­sel­te, beglei­te­te ich das poli­ti­sche Gesche­hen im Land­kreis Mil­ten­berg inten­siv durch mei­ne jour­na­lis­ti­sche Arbeit. Was mich dabei aus­zeich­net: Ich scheue mich nicht, auch kon­tro­ver­se Din­ge auf den Punkt zu brin­gen und in Kom­men­ta­ren sehr auf den Punkt for­mu­liert Posi­ti­on zu bezie­hen. Durch mei­ne Berufs­er­fah­rung in drei ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern – Nord­rhein-West­fa­len, Rhein­land-Pfalz und Bay­ern (der­zeit kommt auch noch Hes­sen hin­zu) –, sechs Land­krei­sen und mehr als 50 Städ­ten und Gemein­den habe ich immer Ver­gleichs­mög­lich­kei­ten, weiß, wie kom­mu­nal­po­li­ti­sche Fra­ge­stel­lun­gen jen­seits der Mil­ten­ber­ger Gren­zen gelöst wer­den und wie dort gear­bei­tet wird. Mein Poli­tik-Stu­di­um ermög­licht mir, dar­aus die rich­ti­gen Schlüs­se zu zie­hen.
Im Mil­ten­ber­ger Stadt­rat habe ich immer wie­der den Ein­druck gewon­nen, dass Ent­schei­dun­gen nicht gut vor­be­rei­tet sind, fach­li­che Ein­schät­zun­gen zu den Aus­wir­kun­gen feh­len und zu viel hin­ter ver­schlos­se­nen Türen bespro­chen wird. Damit tun sich die Men­schen in der Stadt schwer, Ent­schei­dun­gen nach­zu­voll­zie­hen, sich an der Dis­kus­si­on zu betei­li­gen und zu erken­nen, wer für wel­chen Kurs steht.
Ich habe mich ent­schlos­sen, als Bür­ger­meis­te­rin zu kan­di­die­ren, um genau das zu ändern. Ich möch­te, dass alle Men­schen in der Stadt die Mög­lich­keit haben, poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen zu ver­ste­hen, sich ein­zu­brin­gen und ihre Wün­sche zu äußern.
Las­sen Sie es mich anpa­cken!