Die Stadt Miltenberg hat mit der Activ Group einen Vorvertrag über das Alte Bahnhofsgelände geschlossen. Er enthält unter anderem Klauseln zur Kostenübernahme für die Entwicklung und einen Haftungsausschluss für die Stadt Miltenberg. Das hat Bürgermeister Helmut Demel auf meine Fragen hin heute Abend in der Bürgerversammlung mitgeteilt.
Demnach hat sich der Investor in dem Vertrag verpflichtet, beispielsweise die Planungskosten für die Entwicklung des Areals zu übernehmen. Für Anwaltskosten im Zusammenhang mit dem Gelände gebe es eine Obergrenze, und der Investor habe keinen Rechtsanspruch auf einen Bebauungsplan. Außerdem beinhalte der Vertrag einen Haftungsausschluss zugunsten der Stadt.
Diese Informationen zusammengenommen, gehe ich momentan davon aus, dass ein Ausstieg aus dem Investoren-Konzept keine immensen Summen verschlingen dürfte. Ich bin keine Juristin, aber wenn der Investor keinen Anspruch auf einen Bebauungsplan hat, dürfte es schwierig werden, Ansprüche auf Schadensersatz geltend zu machen, wenn der Stadtrat tatsächlich keinen Bebauungsplan erlässt. Eine gute Grundlage für einen Ausstieg aus dem Investorenkonzept.
Weiterhin hat Demel auf meine Frage, ob die Verwaltung die Konsequenzen eines möglichen Ausstiegs juristisch geprüft hat, folgendes geantwortet: Kein Anwalt könne die Höhe des Aufwands beziffern, den die Activ Group bislang in die Entwicklung des Bahnhofsgeländes gesteckt habe. Möglicherweise habe die Activ Group einen Anspruch auf Schadensersatz. Weil aber die Größen unwägbar seien, habe sich der Stadtrat (offenbar nicht-öffentlich) entschlossen, die Konsequenzen eines Ausstiegs nicht juristisch prüfen zu lassen.
Der Bürgermeister hat erklärt, er werde mir den Vertrag auf Wunsch zukommen lassen, so dass ich die Klauseln nachlesen kann. Das ist einerseits gut, andererseits wundere ich mich, weil den Stadträten nach meinen Informationen ein starrer Maulkorb erteilt worden ist, Vertragsinhalte preiszugeben. Dies geschieht immer mit Verweis auf die Nichtöffentlichkeit der Sitzung.
Für die reine Behandlung im Stadtrat und die konkreten Vertragsdetails ist das ganz sicher richtig: Solche Details gehören nicht an die Öffentlichkeit, weil sie die Verhandlungsposition der Kommune schwächen können. Im jetzigen Fall aber, wo der Vertrag längst geschlossen ist und die Inhalte eine wesentliche Rolle für die Positionierung von Parteien und Bürgern spielen, dürfte es eigentlich keine rechtliche Hürde mehr geben, die Inhalte zu publizieren. Das gilt sicher auch für Auskünfte der Stadträte.
Helmut Demel hat heute in der Bürgerversammlung erklärt, die Stadt werde interessierten Bürgern die Vertragsinhalte für das Bahnhofsgelände auf Wunsch zur Verfügung stellen. Ich werde diese Möglichkeit nutzen – auch, um zumindest eine grobe Einschätzung der Vertragsinhalte und ihrer Konsequenzen zu erhalten.